Chemnitz. Dürfen unterschiedliche Lebensweisen unmittelbar aufeinanderprallen? Diese Frage hat die zweite Podiumsdiskussion der Reihe “Chemnitzer Perspektiven” mit knapp 200 Besuchern bestimmt, zu der “Freie Presse” am Donnerstagabend ins Schauspielhaus eingeladen hatte. Thema war diesmal das Experimentelle Karree (Exka) am Bernsbachplatz. Während die Exka-Befürworter vehement für dessen Verbleib gerade an dieser Stelle plädierten und meinten, mögliche Konflikte mit der Nachbarschaft ließen sich mit Moderation lösen, erklärte Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig: “Blumen gehören an die Stelle, wo sie gedeihen können.”
Am 30. Juni soll das alternative Wohn- und Kulturprojekt an seinem jetzigen Standort beendet werden, die städtische Grundstücks- und Gebäudewirtschaftsgesellschaft (GGG) hat den Mietvertrag gekündigt. Grund sei die Unvereinbarkeit der Kulturen im Karree mit seinen fünf Eigentümern. “Wir haben verschiedene Ansprüche”, sagte GGG-Chefin Simone Kalew. Als Alternativen bot sie den Initiatoren des Exka, vertreten durch Markus Börner vom Exka-Verein und Dominik Intelmann vom Verein zur Wiederbelebung kulturellen Brachlands, das Gebäude Leipziger Straße 1 bis 5 an der Ecke Limbacher Straße oder Häuser am südlichen Sonnenberg an. “Ich bin sehr versucht, das gut zu finden, aber wer garantiert uns, dass wir nicht in einem Jahr wieder raus müssen und unsere Ideen anderen zur Nutzung angeboten werden?”, reagierte Börner. Denn genau das hätten die Mitglieder der Vereine im Reitbahnviertel erlebt und sich deshalb oft gefühlt “wie im Hamsterrad”. Während der Verhandlungen mit der GGG sei ein beträchtlicher Vertrauensverlust entstanden. Ludwig sicherte ernsthafte Gespräche zu. Zugleich räumte sie Fehler ein: Man habe nicht beachtet, dass die Nachbarn eines selbstverwalteten Wohnprojekts damit einverstanden sein müssten.
An der Leipziger Straße gibt es rund 4000 Quadratmeter Fläche, die Stadt würde rund 100.000 Euro in das Gebäude stecken, um Ver- und Entsorgungsleitungen flott zu machen. Beide Angebote befinden sich in Fördergebieten: Die Entwicklung von Projekten könne also bezuschusst werden. Doch beide Angebote befinden sich auch weit weg von der Universität, deren Nähe das Exka an der Reitbahnstraße auch für Studenten interessant gemacht hat. Nun sollen sie an die Peripherie ziehen, wo sie ihre Nachbarn nicht stören. Den Standort an der Leipziger Straße hält Ludwig für gut geeignet für das Projekt, weil er am Konkordia-Park liegt, den ebenfalls Jugendliche selbst verwalten. Doch die Jugendlichen, so machte Markus Börner deutlich, wollen sich nicht vorschreiben lassen, wo sie ehrenamtlich arbeiten. “Warum geben sie nicht einige der vielen leer stehenden Häuser frei?”, fragte ein Besucher.
(via freiepresse.de)
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